Weltkrebstag: „Die Krankheit ist trotz Corona leider nicht verschwunden!“

Glücksmomente wie das „look good feel better" Online-Kosmetikseminar geben Krebspatientinnen während der Corona-Pandemie Mut und Hoffnung

von Anja Lottritz am

Ganz unverhofft trifft die 35-jährige Anne aus dem Münsterland im Sommer letzten Jahres die Diagnose Brustkrebs. Sie ist geschockt. Ihr erster Gedanke war: „Ich schaffe das nicht. Ich bin Mutter. Ich schaffe keine Chemotherapie.“ Familie und Freunde fangen sie auf. Sie versucht nach vorne zu schauen, auch wenn sie sich manchmal am liebsten verkriechen würde. Aber es muss weiter gehen, Schritt für Schritt. Ihr neues Lebensmotto wird: „Genieße die Augenblicke.“

Für Krebspatientinnen wie Anne ist die aktuelle Corona-Pandemie besonders belastend. Zu jedem Arztbesuch, zu jeder Chemotherapie und jedem Krankenhausaufenthalt muss sie alleine gehen. „Ich fühle mich durch Corona oft allein gelassen. Freunde und Familie sind mental immer bei mir, aber können leider einem auch nicht so beistehen, wie man es sich wünscht. Und dann wird jeder Gang den man alleine gehen muss schwer“, erklärt die 35-Jährige. „Krebs ist auch ohne Corona schon kraftraubend. Nun hinterlässt die Pandemie noch zusätzliche Spuren. Man schränkt sich so stark ein, dass die Abwechslung fehlt. Der Austausch und die Normalität. Keine Umarmungen von der liebsten Freundin, kein lustiger Abend als Ablenkung. All das macht mich ziemlich traurig und gibt dem Krebs die Chance, sehr präsent zu sein. Zudem gibt es da auch immer noch die unterschwellige Angst, selbst zu erkranken oder in Quarantäne zu müssen und dadurch die Therapie nicht weiter machen zu können.“

Anne ist ein Satz ihrer Onkologin sehr in Erinnerung geblieben. Sie sagte zu Beginn der Therapie: „Unternehmen Sie auch einmal etwas, haben Sie Spaß!“ Denn es sei so wichtig, einen Gegenpol zur kräftezehrenden Therapie zu schaffen, so dass der Krebs und die ganzen negativen Gedanken nicht das ganze Leben bestimmen. Aber genau das ist aktuell eine der größten Herausforderungen für alle Erkrankten. Denn durch die Gefahr einer Corona-Infektion müssen sich die Risikopatienten zu Hause größtenteils isolieren.

 

Dennoch versucht Anne, den Rat ihrer Ärztin so gut es geht zu beherzigen. Seit ihrer Diagnose hat sie einen anderen Blickwinkel auf das Leben bekommen. Sie erfreut sich an Kleinigkeiten wie einem herzförmigen Blatt, Schnee, dem Anruf einer lieben Freundin, einem schönen Lied im Radio oder dem Lachen ihrer Kinder. Alles Dinge, die sie glücklich machen, und aus denen sie Kraft und Hoffnung zieht für die schweren Tage, die der Krebs mit sich bringt: „Es fühlt sich zurzeit wie eine Achterbahnfahrt an: Es gibt Tage, an denen du einfach selbst nicht mehr magst: da wachst du auf und du sitzt in einem dieser Täler. Sich jedes Mal daraus zu arbeiten, kostet Energie. Aber die anderen Tage gibt es auch, an denen die kleinen Glücksmomente dich erfreuen und dich nach vorne sehen lassen.“

 

Einen solchen Glücksmoment zum Kraft tanken erlebt sie bei ihrer Teilnahme am look good feel better Online-Kosmetikseminar, worauf sie durch ein Plakat in ihrem Brustzentrum aufmerksam wird. Eine andere Krebspatientin rät ihr: „Das macht so viel Spaß, das musst du machen.“ Anne meldet sich an und sitzt wenige Tage später virtuell mit anderen krebskranken Frauen aus ganz Deutschland zusammen im Online-Kosmetikseminar. Daraus zieht sie sehr viel neuen Mut und Zuversicht: „Es ist sehr hilfreich zu sehen, dass man nicht alleine ist in dieser Situation. Man hat sich nicht geschämt, keine Haare auf dem Kopf zu haben und konnte sich für einen Moment als Frau fühlen, und nicht nur als Krebspatientin. Ich würde es jederzeit und immer wieder empfehlen.

 

Von Null auf 2.000 in der Pandemie

Zum Schutz der Patientinnen pausiert DKMS LIFE zurzeit alle look good feel better Kosmetikseminare für Krebspatientinnen, die regulär in mehr als 320 medizinischen Einrichtungen stattfinden würden. Um den krebskranken Mädchen und Frauen auch während der Isolation Lebensfreude und Hoffnung schenken zu können, hat die gemeinnützige Organisation das Patientenprogramm innerhalb kürzester Zeit digitalisiert. Rund 2.000 krebskranke Mädchen und Frauen haben seitdem bereits an einem der neuen look good feel better Online-Kosmetikseminare teilgenommen – ein Erfolg, der in diesem Jahr weiter ausgebaut werden soll.

Anne geht mit keiner Erwartung, aber mit einem großen Wunsch ins Jahr 2021: Dem Wunsch nach Normalität. Sie ist sich bewusst, dass nichts mehr genauso wie vor der Diagnose sein wird: „Ich habe sicherlich ein bisschen Unbeschwertheit verloren, bin besorgter und nachdenklicher. Aber ich habe die große Hoffnung, dass das, was nun kommen wird, gut wird. Ich freue mich darauf, mein Leben zu genießen, mich mit Freunden zu treffen und unbeschwertes Kinderlachen zu hören.“

Anne möchte zusammen mit DKMS LIFE darauf aufmerksam machen, dass Krebs kein Tabu-Thema mehr sein darf. Krebs macht keine Pause! Diese Krankheit ist trotz Corona leider nicht verschwunden. Nach wie vor erkranken jedes Jahr rund 230.000 Mädchen und Frauen in Deutschland an Krebs.

Der jährliche Weltkrebstag am 4. Februar ruft dazu auf, sich solidarisch mit Krebspatientinnen und -patienten zu zeigen und Ängste und Vorurteile abzubauen. Jeder einzelne kann dazu beitragen, krebskranke Menschen wie Anne zu unterstützen und ihnen besondere Glücksmomente zu schenken.