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Muttertag: „Ich werde leben für meine Engel“ - Jacqueline

Wie es ist, Brustkrebspatientin und alleinerziehende Mutter zweier Kinder zu sein

von Anja Lottritz am

Jacqueline ist 47 und zweifache alleinerziehende Mutter. Im September 2021 träumt sie eines Nachts von einem Tumor, woraufhin sie sich gleich am nächsten Tag selbst die Brüste abtastet. Sie findet einen kleinen Knoten – Brustkrebs.

Schon gleich nach ihrem Traum erzählt sie ihren Kindern davon, die damals 21 und 15 Jahre alt sind. Jacqueline hat eine sehr besondere und tiefe Beziehung zu den beiden. Niemand macht sich zunächst ernsthafte Sorgen oder glaubt, dass es sich tatsächlich um Krebs handeln könnte. So ruht das Thema zunächst bis zu Jacquelines Arztbesuch. „Spannenderweise hat an dem Tag, als ich vom Frauenarzt kam, meine Tochter gefragt, was eigentlich mit dem Knoten sei“, erzählt sie. Die Ärztin habe es direkt als etwas „Unschönes“ eingestuft. Sie berichtet, dass sie daraufhin mit ihren Kindern sehr geweint habe. „Ich habe dann beiden versprochen, egal was passiert, ich kämpfe, ich werde leben, für meine lieben Engel.“

Für Jacqueline zählt: Niemals Humor oder Kopf verlieren

Da die drei ein sehr offenes und vertrautes Verhältnis haben, sprechen sie auch offen über alle ernsten Themen, wie die Therapie, Zukunft, Ängste und Sorgen. Die Kinder sollen sich nicht alleine fühlen. Das ist Jacqueline immer noch sehr wichtig. „Diese Vertrautheit und Rücksichtnahme ist wirklich sehr wertvoll“, erzählt sie nach einem gemeinsamen Wochenende in Hamburg. Es sei für sie zwar körperlich anstrengend gewesen, aber einfach herrlich, mit ihren Kindern dort die Zeit verbringen zu können. Sie genießt es, dass sich alle gegenseitig so akzeptieren, wie sie sind. Sie kochen gemeinsam, gehen zusammen essen oder ins Kino, teilen ihren Alltag miteinander.

Mindestens einmal am Tag wird zusammen gelacht. Humor spielt in der dreiköpfigen Familie eine große Rolle. Jeden Abend wird zusammen gegessen und irgendetwas passiert immer, worüber die drei lachen können und sie sich manchmal sogar in Lachkrämpfen wiederfinden.

Jacqueline tanzt und singt gerne während sie kocht – nach eigener Aussage nicht besonders gut. Das ist für ihre Kinder immer wieder ein Grund zu lachen. Sie ist dann ganz in ihrem Element und bekommt um sich herum nichts mehr mit. Das freut die beiden Kinder natürlich. Regelmäßig nehmen sie ihre Mutter in den Arm und sagen ihr, dass sie sie lieb haben. „Das klingt so aufrichtig, dass ich weinen könnte vor Glück“, sagt die 47-Jährige. Manchmal schaut sie sie einfach an und muss lächeln. „Mit ihnen kann man wunderbar verrückt sein. Viel lachen, egal wie es in einem aussieht.“

Unterstützung in jeder Lebenslage

Jacqueline erzählt, wie toll die beiden sie während der Behandlung unterstützt haben. Ihre Kinder meistern die Zeit, während sie im Krankenhaus ist, fast ganz allein. Sie telefonieren regelmäßig, heitern ihre Mutter auf, besuchen und unterstützen sie einfach durch ihre tolle Art. Und das, obwohl sie natürlich auch große Sorgen um ihre Mutter haben. Auch, wenn es Jacqueline schlecht geht, sind die beiden für sie da. „Ich darf auch an schlechten Tagen über meinen Gesundheitszustand hemmungslos jammern. Keiner nimmt mir das übel“, sagt sie. Wenn Jacqueline mal schlecht drauf ist, bekommt sie ganz viele „Knuddler“. Das Band zwischen den dreien ist sehr stark.

„Kinder sollten sich nicht so sehr um ihre Eltern sorgen müssen.“

Die Pandemie macht es der kleinen Familie zusätzlich schwer.  Jacqueline ist in vielerlei Hinsicht eingeschränkt. Selbsthilfegruppen finden nicht statt oder Untersuchungen sind nur eingeschränkt möglich. Umso schöner, dass sie trotzdem an einem look good feel better Online-Kosmetikseminar teilnehmen kann. „Da ich zu dieser Zeit immer aussah wie ein Zombie, fand ich das klasse. Es war richtig schön. Der Austausch zwischen den Frauen, die Produkte und die Schminkanleitung. Einfach großartig“, erzählt die Verwaltungsfachangestellte nach dem Seminar.

Auch für ihre beiden Kinder ist die Situation nicht leicht. Sie achten sehr auf ihre Kontakte und tragen bei dem kleinsten Anzeichen von Schnupfen ihre Masken sogar zuhause. Das ist für Jacqueline als Mutter schwer mitanzusehen: „Es tut mir so unendlich leid. Kinder sollten sich nicht so sehr um ihre Eltern sorgen müssen.“ Sie versucht ihnen die Angst zu nehmen, so gut sie kann und ihnen „Edelsteinmomente“ zu schaffen, an die sie alle positiv zurückdenken können.

Jacquelines Stärke kommt zurück

Weil das Krankengeld für eine dreiköpfige Familie nicht ausreicht, geht die 47-Jährige seit ihrer Bestrahlung im Dezember wieder arbeiten. Sie hat einen Job gefunden, der ihr viel Spaß macht, wodurch sie manchmal sogar vergisst, was sie und ihre Kinder alles durchgemacht haben. Sie gewinnt langsam ihre alte Stärke zurück. Nichts konnte sie vorher aus der Bahn werfen, die Krebserkrankung hat es dann doch ein bisschen getan. Obwohl ihr Job, Haushalt und die ständigen Fahrten zu den Behandlungen manchmal zu viel werden, weiß sie, für wen sie das macht und ihren Lebensmut nicht verliert: diese beiden tollen Menschen, die für sie alles bedeuten – ihre beiden Kinder.