Ganz unverhofft trifft die damals 30jährige Cristina aus Hannover die Diagnose Krebs. Erst dachte sie an einen schlechten Scherz, als sie den Anruf von ihrem Arzt erhielt und dann zog ihr die Nachricht den Boden unter den Füßen weg. Mit der Chemotherapie kam der Verlust der Haare und damit auch teilweise unangenehme Situationen: „Selbst als ich noch Stoppeln auf dem Kopf hatte, haben mich sofort alle angestarrt. Teilweise getuschelt oder den Kopf geschüttelt. Daraufhin habe ich meine Glatze aus Protest offen getragen und so gut wie nie versteckt.“ Denn Cristina meint: „Niemand sollte sich verstecken müssen.“
Welche Erkrankung hast Du und wie und wann hast Du davon erfahren?
Ich habe ein hormonrezeptor positives, invasives duktales Mamma-Karzinom. Das ist ein im Milchgang wachsender Brustkrebs, nicht metastasierend.
Ich habe erstmalig im März 2017 einen kleinen Knubbel in der rechten Brust getastet und wollte es erst einmal beobachten. Da ich selbst MFA bin und in der Frauenheilkunde und Geburtshilfe ausgebildet wurde, weiß ich, dass es sich dabei auch um eine Zyste handeln kann. Im Mai jedoch war die Stelle fast doppelt so groß tastbar, so dass ich mich für eine Ultraschallkontrolle beim Frauenarzt anmeldete. Mein Arzt war zu dem Zeitpunkt im Urlaub und der Kollege beurteilte das Ultraschallbild als Fibroadenom und ich solle drei Monate abwarten. Da mich das schnelle Wachstum aber beunruhigte und die Darstellung für mich nicht eindeutig war, einigten wir uns auf eine Stanzbiopsie. Da ging ich davon aus, dass alles unauffällig sein würde. Und so traf mich das Ergebnis einen Tag nach der Stanze wie ein Schlag.
Was waren die ersten Gedanken nach der Diagnose?
Der Anruf erreichte mich auf der Arbeit und ich dachte, das sei ein schlechter Scherz, es zog mir sofort den Boden unter den Füßen weg. Ich war wütend auf den Arzt und sagte ihm „Sehen Sie, ich habe es ja gesagt!“. Er selbst war sehr betroffen und entschuldigte sich bei mir. Das hätte er nie erwartet. Ich auch nicht. Meine Gedanken waren immer nur, dass das sicher nicht wahr ist und irgendjemand die Proben vertauscht haben muss. Der zweite Gedanke war, dass ich hoffte keine Chemotherapie machen zu müssen, weil ich im September heiraten wollte.
Wie hat sich Dein Leben verändert?
Ich kann vieles nicht mehr selbst bestimmen. Das stört mich am allermeisten. Es richtet sich alles nach dem Therapie-Zyklus und den Arzt Terminen, die anstehen. Ich habe schnell feststellen müssen, dass es nicht einmal möglich ist die folgenden zwei Wochen zu planen. Es kommt immer wieder was dazwischen. Daran kann ich mich nur schwer gewöhnen.
Aber es gibt auch positive Veränderungen. Diese Diagnose lies mich erneut hinterfragen was wichtig ist im Leben und ob wirklich alles über das ich mich ärgere/sorge eine Berechtigung hat. Ich genieße viel mehr und schätze die kleinen Dinge noch viel mehr als vorher.
Wie gehen Deine Familie und Freunde mit Deiner Krebserkankung?
Das ist natürlich ganz unterschiedlich. Es gehen aber alle sehr gut damit um.
Als die Diagnose kam, waren alle da. Unsere Familie und Freunde stehen ganz nah an unserer Seite und haben uns im Juni in kürzester Zeit unsere wunderschöne Hochzeit beschert. Wann immer wir etwas brauchen, wird uns geholfen oder wenn es Neuigkeiten bezüglich der Therapie gibt, zittern, hoffen und bangen alle mit uns.
Wie hast du von dem „look good feel better“ Kosmetikseminaren von DKMS LIFE erfahren? Unsere Chemo-Schwester aus der Praxis hat uns davon erzählt und für den Kurs im KRH Klinikum Robert-Koch Gehrden angemeldet. Ich hatte davon aber auch bereits im Vorfeld in den sozialen Medien gelesen und war schon vor meiner Diagnose begeistert von diesem Angebot!
Hat Dir das Kosmetikseminar gefallen? Würdest Du es weiter empfehlen?
Ich fand das Seminar zauberhaft! Die Goodie-Tasche war voll mit den schönsten Kosmetik Produkten. So etwas Hochwertiges hatte ich bisher nicht besessen. Uns wurde jedes Produkt erklärt und dann auch direkt angewendet. Wir konnten ganz viele Fragen stellen und wir haben tolle Tipps bekommen, wie wir unseren angegriffenen Körper gut pflegen können. Außerdem haben wir wirklich großartige Schminkanleitungen bekommen, die helfen sich trotz fehlender Augenbrauen und/oder Wimpern und Haare wohl zu fühlen.
Ich würde es auf jeden Fall jedem weiterempfehlen, der die Chance dazu hat, an so einem Seminar teilzunehmen. Ich war sogar schon zwei Mal dort, weil es mir so gut gefallen hat (die Goodie-Tasche bekommt man natürlich nur einmal).
Wer oder was macht dich stark im Leben / hilft dir im Kampf gegen den Krebs?
Mein Mann und meine Schwester sind meine größte Stütze. Aber auch all meine Freunde, die mich immer wieder motivieren, ablenken und aufbauen, wenn es nötig ist. Außerdem der Gedanke an meinen Vater, der auch gekämpft hat. Er würde wollen, dass ich immer stark bin und weiterkämpfe.
Wann hast du deine Haare verloren?
Mir sind die Haare ziemlich genau zwei Wochen nach der ersten Chemo (Epirubicin/Cyclophosphamid) ausgefallen.
Wie bist du mit dem Haarausfall umgegangen?
Da von Anfang an sicher war, dass ich meine Haare verlieren werde, hab ich die Chance genutzt und noch mal einiges ausprobiert. Ich habe mir endlich einen „Sidecut“ geschnitten und meine schwarzen Haare mit einer Blondierung Braun gefärbt. Ich bekam dann irgendwann ziemliche Kopfhautschmerzen und wusste es würde bald losgehen mit dem Haarausfall. Also sollten die Haare ganz ab. Aber ich schaffte es nicht. So schnitten mir mein Mann und meine Schwester noch mal einen coolen Kurzhaarschnitt. Als ich dann aber den ersten Haarbüschel in der Hand hatte, war ich doch sehr erschrocken und so ließ ich sie am selben Abend noch von meinem Mann abrasieren. Der Moment war sehr schwer für mich und ich habe bitterlich geweint um meine schönen Haare. Auch weil mir in dem Moment klar wurde, dass ich jeden Tag und alle anderen nun auch sehen werden, dass ich krank bin. Da traf mich die Realität sehr hart.
Du hast dich bewusst entschieden, deine Glatze offen zu tragen. Welche Erfahrungen hast du damit gemacht?
Selbst als ich noch Stoppeln auf dem Kopf hatte, haben mich sofort alle angestarrt. Teilweise getuschelt oder den Kopf geschüttelt. Daraufhin habe ich meine Glatze aus Protest offen getragen und so gut wie nie versteckt. Die Menschen starren ohne Scham mit offenen Augen und Mündern hinter mir her. Stupsen sich an und laufen lieber gegen Andere, als den Blick von mir zu wenden. Manche gucken sogar böse oder verärgert.
Aber es gab auch ganz liebe Reaktionen. Einmal stand ich im Bäcker und die Verkäuferin schaute mich an und sagte „Also Sie sehen so hübsch aus ohne Haare! Wunderschön!“ darüber und über jeden weiteren lieben Kommentar, habe ich mich wirklich wahnsinnig gefreut.
Hast du dir auch eine Perücke besorgt? Trägst du manchmal auch Tücher?
Auf Anraten meines Arztes habe ich mir vor meinem Haarausfall eine Perücke besorgt. Und unzählige Tücher gekauft. Die Perücke habe ich aber nie getragen. Es fühlte sich einfach nicht richtig an und sah für mich auch nicht nach mir aus. Außerdem begann meine Therapie im Hochsommer, ich hätte es nie mit einer Perücke ausgehalten. Tücher habe ich anfangs getragen, aber mir wurde auch schnell heiß darunter und ohne Spiegel fiel es mir manchmal nicht so leicht. Aus diesem Grund bin ich schnell auf Mützen umgestiegen. Das geht schnell und immer ohne Spiegel Ich trage sie allerdings auch nur, wenn es mir am Kopf zieht.
Wie wünschst du dir, dass die Öffentlichkeit mit Krebskranken umgeht?
Ich wünsche mir, dass sie etwas mehr Respekt zeigen und sensibler damit umgehen. Jemandem so hinterher zu starren ist wirklich nicht schön. Ich habe meine Glatze so offen getragen, weil ich mir erhoffte, dass sich die Menschen an diesen Anblick gewöhnen. Es gibt so viele Krebskranke, aber nie ist mir jemand mit einer Glatze begegnet. Weil sich so wenige damit raus trauen und sich dafür schämen. Das tun sie vielleicht WEIL sie so angestarrt werden. Niemand sollte sich verstecken müssen!
Über Krebs muss noch viel mehr gesprochen werden, damit die Menschen für das Thema sensibilisiert werden und lernen damit umzugehen. Sowohl für sich selbst, als auch für andere.
Was möchtest du anderen Patientinnen mit auf dem Weg gehen?
Ich möchte anderen Patient_innen auf den Weg geben, dass es nichts gibt wofür ihr euch schämen müsst! Jeder Mensch ist so wie er ist, schön! Ganz egal ob mit oder ohne Haare, Augenbrauen, Wimpern, Kortisonbäckchen, Chemo-Pickel oder Kortisonkilos. Ihr alle kämpft einen harten Kampf und niemand muss sich zu Hause verstecken. Geht raus und zeigt den Anderen wie ihr eure Geschichte bewältigt, erzählt wie ihr euch fühlt, was euch freut und was euch traurig macht. Verschweigt nichts, lasst euch die Zeit, die ihr braucht und rechtfertigt euch nicht.
Habt Mut und kämpft, es lohnt sich immer!
Instagram: mrs_molo
Fotos: Carolin Lauer (www.carolinlauer.de, Instagram: @carolinlauerfotografie)
Shooting: Teambodylove-Shooting organisiert von Louisa Dellert (www.louisadellert.com, Instragam: @louisadellert)
One Response to „Habt Mut und kämpft, es lohnt sich immer!“